Kohlensaure Ballade
Auf dem Marktplatz steht die Hütte,
wo in Sommerwarmer Zeit,
eine Jungfrau reiner Sitte,
kohlensaure Wasser beut.
Und es lenkt seine Schritte
abendlich um sieben Uhr
auf den Marktplatz nach der Hütte,
ein Bekenner des Merkur.
Nicht um Selters kühle Quelle,
nicht um Sodens Silber hier
stand er stets an dieser Stelle,
es geschah ja nur um ihr.
Goldreich naht er ihrem Throne,
manches Thalers ward er quitt,
denn noch niemals trank er ohne,
immer, immer trank er mit.
Aber, ach, die Arme schenkte
immer ein mit hartem Sinn,
und kein Blick der Liebe schwenkte
je nach seiner Seite hin.
Und so fiel er, eine Leiche,
eines späten Abends um;
Ihn umstand das mitleidweiche,
tiefgerührte Publikum.
Und mit schmerzerfülltem Blicke,
sah die Jungfrau das Malheur,
tief bereuend ihre Tücke,
netzt sie ihn mit eau de mille fleur.
Und ein Arzt mit blauer Brille
faßt den Jüngling an den Puls;
Rings umher herrscht Totenstille,
denn es war der Doktor Schulz.
Der versuchts mit allen Mitteln,
die er trug im Komisol;
Dann mit ernstem Hauptesschütteln
sprach er langsam: Ihm ist wohl!
Ihm war wohl, ja, ihm ward besser,
denn der Unglückliche trank
sechsundreißig Selterwässer,
bis er kalt zu Boden sank.
Merkt darum und nehmt zu Herzen,
die Moral aus der Geschicht‘:
Mit der Liebe läßt sich scherzen,
mit der Kohlensäure nicht!