Drei Träume
Verschlagen waren durch 'nen Sturm
Drei Menschen nach einer Küste,
Verloren war alles, alles fort
Das Los der dreie war triste.
Verschiedenen Religionen gehörten sie an
Evangelisch, katholisch und jüdisch
Und fromm von diesen war jedermann
Nicht pro- und nicht anti-semitisch.
Als sich nun die drei von dem Schrecken erholt
Und sah’n, was ihnen übrig geblieben,
Ein Brot, nur ein einziges kleines Brot
Das hat sie zur Verzweiflung getrieben.
Ein Brot nur, wohlan, für einen reicht’s
Zwei Tage davon zu leben
Doch für dreie, da langt es nimmermehr,
Wem soll man das Brot nun geben? -
D’rauf wurde beschlossen nach langem Rat
Nur einer erhält’s Brot, die andern
Die müssen verlassen das Küstenland
Und hungernd dann weiter wandern.
Das Brot erhalte am Morgen der,
Der den schönsten Traum hat die Nacht;
Und es legten die drei sich hierauf zur Ruh‘
Die bald in den Schlaf sie gebracht.
Am andern Morgen erzählte zuerst
Begeistert der Protestante
Er habe das Paradies geseh’n
Wie nie es ein Mensch bis jetzt kannte.
D’rauf sagte der Katholik erfreut:
„Mein Traum, der lässt sich nicht schildern,
Das Schönste, Heiligste, Göttlichste sah
Ich in himmlisch entzückenden Bildern.“
D’rauf sagte der Jud‘: „Ich klagt meine Not
Dem Herrgott ergeben, gemessen;
Da hat er gesagt, da liegt doch das Brot,
Steh‘ auf und iss! – Und da hab ich’s gegessen.“