Der Zeitgeist

Ein jeder will bei dieser Zeit
Mehr scheinen als er ist
Und springt von seinem Stand oft weit
In einer kurzen Frist.
An seiner Kleidung kennt man nicht
Den Stand, wie’s früher war.
Ein reicher Kauz, ein armer Wicht,
Die kleiden sich aufs Haar.

Jüngst sah ich in der Brauerei
Bei einem Glase Bier,
Da ging ein stolzer Herr vorbei,
Behängt mit Gold und Zier.
Ich fragte gleich, wer dieser sei,
Gewiss ein Kavalier?  -
Da lachten sie und riefen: ei!
Ein Schneider ist’s von hier!

So sprach vor nicht gar langer Zeit
Ein Herr von Malerei,
Dass er ein schönes Portrait heut
Gefertigt fein und treu
Nicht lang darauf traf ich den Herrn
In einem Hause an -
Er malte schön, ich sah’s von fern,
Strich Tür und Fenster an.

Singt einer im Theater mit,
Versteht sich’s nur im Chor,
So singt er sich die Kehle müd‘
Und kitzelt jedes Ohr.
Doch hört man seine Stimme – an!
Da läuft man, was man kann.
Er singt als wie ein alter Pfau,
Und kräht grad wie ein Hahn.

So ist es jetzt, ein Schuster denkt,
Er ist schon Kommissär,
Und wenn die Frag‘ auf mich hinlenkt
Und es heißt: wer ist denn der? -
Besinn ich gar nicht lange mich
Und denk, das ist kurios -
Macht jeder etwas auch aus sich,
So bin ich Virtuos.