Der Schelm von Schaffhausen
Zu Schaffhausen im weißen Schwan,
Da zechte ein fremder Geselle,
Der sieht sich so lustig verwegen an
Und singt so frisch und so helle.
Es steht der Schelm ihm gar zu gut,
So knapp das Wams, so keck der Hut,
Drauf nickt die Hahnenfeder.
So lockt er die Gäste. Dem Wirt ist‘s recht,
Doch zwickt ihn die Neugier mächtig:
„Wer seid Ihr, Bruder Lustig? Sprecht!“
So fragt er schlau bedächtig.
Der Fremde spricht: „Ei wie’s Euch brennt,
Doch wenn ihr den Teufel von Konstanz kennt,
So wisst, ich bin sein Bruder.“
Rasch schlägt ein Kreuz der erschreckte Wirt,
Schier fiel er auf den Rücken,
Ihm wird im kahlen Kopf verwirrt,
Kaum weiß er sich zu drücken.
Den Pfarrer ruft er: „In meinem Haus,
Da sitzt der Satan, o treib ihn aus!
Gott loben die guten Geister!“ -
Der Pfarrer macht sich hastig fort,
Den Bösen zu beschwören,
Der Fremde sitzt am selben Ort -
„Wer seid Ihr, lasst mich hören!“
Der Bursche meint: „Nur nicht so wild,
Zu Einsiedel Das Wunderbild
Maria ist meine Schwester.“
Der Pfaffe ruft: „Mein hohes Amt
Hat nichts mit ihm zu schaffen,
Der Gotteslästerer wird verbrannt!
Auf, fasst ihn, statt zu gaffen!“
Sie fangen ein ihn mit Bedacht,
So wird er in den Turm gebracht,
Es kettet ihn der Schließer.
Der kluge Büttel forscht aufs neu:
„Jetzt helfen keine Flausen!“ -
„Der Bruder bin ich, meiner Treu,
Des Herrgotts von Schaffhausen!“
Spricht der Gesell. – „Ihr macht‘s zu toll“,
So ruft den Schließer – „Ha, Euch soll!“
Er bringt ihn vor den Richter.
Der Richter striegelt Perücke und Zopf,
Setzt auf die Nase die Brille,
Legt in den Nacken weise den Kopf,
Und wichtig „Psch - - - t“ gebietet die Stille!
Der Fall ist grad sein Element,
Er hört die Zeugen. „Nun, Delinquent,
Was habt ihr drauf zu sagen?“
Und jener spricht: „Bildhauer war
Mein Vater am Rheines Strande,
Er baute manchen schönen Altar
Im schönen Schweizerlande.
Den Teufel zu Konstanz schnitzte der Mann,
Maria zu Einsiedel sodann
Und zu Schaffhausen den Herrgott.
Und da mein Vater und alle schuf,
So bin ich der Bruder der Bilder.“
Da scholl im Kreise ein heiterer Ruf,
Der strenge Richter wird milder.
Und Wirt, Pfaff, Büttel erholen sich schnell,
Zum Tor hinaus zieht der bunte Gesell -
Wer weiß, wo er geblieben!
Wolfgang Müller von Königswinter