Der Gegenwart
Ist auch das Dasein voller harter Schmerzen,
Spielt ewig die Tragödie auch hinein,
Mein Gott, wir haben Sonnenschein im Herzen,
Lasst nur die Freude sommerfroh gedeihen,
Denn so viel Lust, sie ist nicht auszumerzen,
Sie soll, sie muss der Plagen uns befreien.
Hinauf, hinab, wie tolle Kinder spielen,
Wer sich das wahrt, der kommt zu hohen Zielen.
Singt durch den Wald! Seid Füllen auf der Wiese!
Geht mit dem Handwerksburschen, mit dem Jäger,
Besteigt den Hengst, tanzt mit der braunen Liese,
Seid meinethalben bei Bacchus Beckenschläger.
Reist durch die Welt, sie wird zum Paradiese,
Beelzebub dient euch als Kofferträger.
Habt ihr im Portemonnaie gar drei Mark achtzig,
Da gilt der alte Reim: die Sache macht sich.
Hoch! Sursum corda! Hurra, schwenkt die Mützen! (deine Herzen anheben)
Schmeißt alle Sorgen in den Tartarus!
Dann wird der Frohsinn euer Zelt beschützen,
Im Sturm verfliegen Ärger und Verdruss.
Zum Schluss mag „folgende Moral“ auch nützen,
Des Siebes letzter Tropfen nach dem Guss:
Des Lebens Blume heißt die Gegenwart,
Pflückst du sie nicht, hast du dich selbst genarrt!
Detlev von Liliencron