Das Hotel der Zukunft
Nun jubelt‘s zu den fernsten Zonen:
Wie tüchtig sorgt der Menschengeist!
Wie herrlich wird der Enkel wohnen,
Wenn er die weite Welt bereist!
Wo er entsteigt dem Reisewagen
Und hemmt der Räder heißen Lauf,
Tut sich ihm, fern von allen Plagen,
Ein Paradies der Heimat auf. -
Der Portier quält nicht mehr mit Lappalien:
„Wer sind und woher kommen Sie?“
Er kennt bereits die Personalien,
Gedankenlesend oder wie. -
Prunkzimmer hat er (eine Stiege),
Der Mensch ist einfach ein Juwel!
Der Lift läuft wie ne Engelswiege
Und riecht nach persischem Rosenöl. -
Das Zimmermädchen heißt Helene
Und ist durch Trinkgeld nicht verwöhnt,
Hingegen schon ob ihrer Schöne
In Österreich mehrfach „preisgekrönt“ -.
Sie weiß durch lächeln zu beglücken
Und sagt in einem holden Ton:
„Der Herr braucht dreimal nur zu drücken,“
Sie meint den Knopf, „dann komm ich schon.“
Das Zimmer selbst ist ein Aroma
Von Veilchen (wird nicht mit bezahlt).
Es haben Liebermann und Thoma
Die Türen und die Wand bemalt. -
Des Radios Prachterfindung
Ist ausgenutzt. – Im Augenblick
Hat man vom Bett aus die Verbindung
Nach China oder Mosambik. -
Die Zimmerkellner, die bedienen,
Die hört man nicht, die sieht man bloß;
Sie zeigen ewig heitre Mienen
Und sind entzückt von ihrem Los. -
Sie wachen treu ob dem Gepäcke
Und, wenn‘s gewünscht wird allenfalls,
Rasieren sie und bügeln Fräcke
Und legen Prießnitz um den Hals. -
So manch moderner Wandrer hat ne
Musikpassion. – Er drückt bloß
Den Pultknopf und ... aus der „Ariadne“
Geht munter die Musike los. -
Und wer da, geht er abends schlafen,
Zuvor noch gern was munteres schaut:
Zwei kleine Kinematographen
Sind in dem Nachttisch eingebaut. -
Und dann der Lärm - - o Himmelsfreude! -
Ist streng verbannt aus diesem Haus. -
Die Nachbarn sind nur leise Leute
Und schmeißen keine Stiefel raus. -
Kein Türenschlagen, lautes Kommen,
Kein Kinderschrei im Korridor;
Wer hustet, wird nicht aufgenommen,
Nur wenn er heiser, ein Tenor. -
Weh mir, dass ich in unsern Tagen
Noch leb, gemartert und geduckt,
Wo Kellner mit den Türen schlagen
Und oft ein Gast auf Treppen spuckt. -
Wo unverdaulich manche Speise
Und Menschen, die ich nie gesehn,
Mit hohler Hand, wenn ich verreise,
Erwartungsvoll am Ausgang stehn ...
Rudolf Presber