Een Been

(In sächsischer Mundart)


Einst lud mein Freund, der olle Krause,
Zu einer Schlittenfahrt mich ein,
Wir fuhren ab von unserem Hause,
Es mochten zwölf Grad Kälte sein.
Als wir gefahren eene Strecke,
Da guckt een Been zum Schlitten naus.
Ich sagte: „Krause nimm die Decke,
Verfrier des Been nich, olles Haus.“
„Gott Strambach!“ rief er, „bist du däsig,
Des is een Been, doch nicht von mir,
Des ist dein Been, Gevatter Bräsig.“
Wir ließen halten gleich den Schlitten
Und stiegen aus, groß war der Schreck,
Wie wir uns beede suchend stritten,
Hör’n Se, da war das Beenchen weg.
Im Schlitten wieder eingestiegen,
Sah schon nach eener kurzen Fahrt
Des eene Been ich wieder liegen,
Des beede uns so sehr genarrt -
Empört packt Krausen ich am Kragen
Und schrie: „Es is dein Been, sieh her!“
Wir kriegten beede nu des Schlagen,
Des Been war fort, ich sah’s nicht mehr.
Als wir uns matt und müd geprügelt,
Ich wie een Plundermatz aussah,
Er seine große Wut gezügelt,
War ooch des Beenchen wieder da.
Nun hör’n Se, jetzt war’s mir zu ville,
Ich sagte Krausen ganz empört:
„Tu mir’n Gefallen und sei stille,
Ich muß wissen, wem des Been gehört.“
Und zum Kutscher sagt ich: „Steffen,
Kehr um mal deinen Peitschenstiel,
Jetzt gilt es fest und ord’ntlich treffen,
Des Been hier nimmste dir als Ziel,
Hau feste zu, wir wollen wissen,
Wem’s Been gehört“, und im Umdrehn,
Denk ich, de Maus hat mich gebissen,
Er haut - 's war richtig doch mein Been.


Wilhelm Cappileri