Wider die Streitsucht

Es waren einst zwei Ehegatten,
die täglich was zu streiten hatten
und war’s nur eine Kleinigkeit,
sie zankten sich um jede Mücke,
als brauchten sie zu ihrem Glücke
ganz unumgänglich Zwist und Streit.

Nach manchen so verlebten Jahren
sie doch des Streitens müde waren
und kamen deshalb überein,
sie wollten nunmehr schriftlich zanken
und niederschreiben die Gedanken,
so oft ein Anlass möge sein.

Nun schrieb die Gattin, schrieb der Gatte,
es blieb nicht lang bei einem Blatte,
bald war’s ein Buch – ein Ries Papier.
Die Zeit war kaum mehr aufzutreiben
und müde wurden sie vom Schreiben,
und müder noch vom Lesen schier.

Nun war das Schreiben unerträglich,
sie schrieben wohl – doch nicht mehr täglich,
bald alle Woche, nur zum Fest,
bis endlich ganze Monde schwanden
und nichts mehr sie zu streiten fanden
bis an ihr End‘. – Probatum est!              (lat.), es ist bewährt, es hilft.

v. Miris