Ein kleines Versehen

Das war die Lisa, die lustige Maid,
Die hätte gar gern einen Liebsten gefreit,
Und wünschte sich ein Knäblein dazu
Und zwölf Stück Kühe statt einer Kuh.
Der Frühling kam und der Kuckuck rief,
Sie blickte schüchtern sich um und lief
Flink wie ein Rehlein durchs grüne Gras
In den Wald nach dem Baum, und sie hielt ihn umfaßt,
Und es pocht ihr Herz, und sie rief in Hast:
„Ich wünsch‘ mir zum Mann meinen Schatz- und dazu
Zwölf Knäblein und eine kleine Kuh!“
Sie merkte den Irrtum und rief: „Ach nein!“
Der Kuckuck flog tief in den Wald hinein,
Und er rief, und es klang wie Spott und Hohn,
Zwölf mal „Kuckuck“ in lachendem Ton.
Daheim stand wartend ihr Liebster am Tor,
Und er war’s, der die Lisa zum Weib sich erkor,
Im Stalle stand brüllend die kleine Kuh...
Zwölf Knäblein brachte der Storch dazu.


Julius Sturm