
Die letzte Puppe.
Polterabendscherz für ein junges Mädchen.
Die vortragende, in Art der Porzellanfiguren gekleidet,
marschiert mit möglichst Automatenhaften Bewegungen ins
Zimmer, stellt sich steif vor dem Brautpaar auf und spricht
dann schnell und eintönig:
Hochverehrtes Publikum,
ach erlaubt, ich bitt’ Euch drum,
dass an diesem Freudentage
ich Euch meine Not mal klage.
Bin des Bräutchens letzte Puppe,
jetzt ihr leider gänzlich schnuppe.
Schnöde in die Bodenkammer,
schafft sie mich. In meinem Jammer,
ach wie wird die Zeit mir lang,
und wie klopft das Herz mir bang,
wenn bei Mond- und Sternenscheine
ich so sitze ganz alleine. -
Aber ach! Sie hat kein Herz
mehr für mich und meinen Schmerz.
O! wie hat sie sonst so hold
mich geherzt, mit mir getollt.
Doch das ist schon lange her,
jetzt küsst sie mich nicht mehr.
Wo sie ihn erwischen kann,
küsst sie einen Menschenmann.
Darum möcht` ich heute bitten,
bin ja still und gut von Sitten,
dass mich jemand nimmt mit heim,
mag nicht mehr alleine sein.
Und bei jener jungen Dame,
Fräulein ................... ist ihr Name,
bleibe keinesfalls ich mehr,
denn sie kränkte mich so sehr.
Na, die Reue wird schon kommen,
dass sie sich`nen Mann genommen.
Hat er gleich ein nett`Gesicht,
eine Puppe ist er nicht.
Doch mich kann das nicht mehr rühren,
Mitleid werd` ich nicht verspüren.
Ja, ich find`es recht und gut,
falls der Mann sich wehren tut.
Bräutchen! Willst du deinen Herren
in die Bodenkammer sperren,
sitzt wohl kaum er drinnen still,
nein, er zeigt dir was er will.
Willst du ihn beiseite legen,
anderer Vergnügen wegen,
macht er – das weiß ich genau –
höchst berechtigten Radau.-
Glaub`s, dir wird es balde klar,
dass es doch wohl besser war,
wenn dur dich zufrieden fühltest
und hübsch mit mir weiter spieltest.
Männer haben wohl zu Zeiten
ihre großen Schattenseiten.
Heute kannst du noch zurück
zu dem alten Kinderglück.
Wie? Du willst nicht rückwärts gehen?
Nun, ich kann das nicht verstehen.
Wünsche trotzdem dir noch heute
gerade wie die Menschenleute,
alles Schöne, alles Gute,
Gehe nur mit frohem Mute
an dein neues Leben ran,
nicht der Schlimmste ist dein Mann.
Denk’ auch mal in allem Glück
an dein Püppchen still zurück.
(Bricht mit kurzem Ruck ab und verlässt mit
denselben steifen Bewegungen den Saal.)
Marie Nicolai-George