Die Werbung

Herr Pechsel war ein Kandidat,
Ein fester Mann von Rat und Tat;
Was er zu seinem Ziel ersehn,
Ließ er nicht aus den Händen gehen;
Er hielt den Teufel selbst am Ohr
In dessen eig’nem Höllentor.
Als er die erste Pfarr bekommen,
Gleich hatte er sich vorgenommen,
Des Oberförsters Töchterlein
Zu leiten in das Pfarrhaus ein.
Die Werbung auszuführen,
Würd manchen sehr genieren,
Doch unsern Helden nimmer.
Fest trat er in das Zimmer,
Worin im Jugendschimmer
Des Försters schöne Maid
Beim Sticken sich erfreut.
Den Vater herzuführen,
So stand sie ohne Zieren
schnell von der Arbeit auf,
Doch Pechsel sagte drauf
Mit festen ernsten Mienen:
„Mein Fräulein, es sei Ihnen,
Was mich hierher geleitet,
In kürze unterbreitet.
Ich bin der Pastor Pechsel,
Der bei des Pfarramts Wechsel
Den Sieg davon getragen.“
„Ich hörte davon sagen,“
Sprach sie und setzte wieder
Sich bei der Arbeit nieder,
Dicht bei dem Jagdhund Flieder.
„Und wie gefällt es Ihnen hier?“
Begann das Fräulein ohn Gezier.
„Die Pfarre ist sehr reich dotiert,
Doch fehlet ihr, wie sich’s gebührt.
Dies Leben zu erfüllen
Nach Gottes Rat und Willen,
Ein frommes Ehgemahl.
Um zu vollziehn die Wahl,
Bin ich durch Waldes Mitten
Hierher geschritten:“
Als er nun sah das Fräulein eben
Errötend von dem Stuhle sich erheben,
Er rascher in der Rede weiter fuhr:
Ach, bleiben Sie doch sitzen nur!
Dieweil auf ihren hübschen Wangen
Die Purpurrosen aufgegangen,
So schließe ich, weil dies nie trügt,
Das ich Ihr frommes Herz besiegt.“
„Ich bitte sehr den Herrn Kandidaten,
Dies mit dem Vater zu beraten!“
„Dies ist gesprochen mir wie aus der Seele,“
Versetzte er mit salbungsvollem Öle;
„Doch eh ich geh, nimm meinen ersten Gruß
Und meinen ersten, ehrenvollen Kuss!“
Mit diesen Wort betrat der Kandidat
Behenden Schritts den Liebespfad,
Um seine wohl erworbene Braut
In seinen Arm zu schließen traut.
Allein mit des Geschickes Mächten
Ist kein ew’ger Bund zu flechten
Und ein Hund ist oft fatal
Bei dem Fall der Ehewahl.
Jagdhund Flieder in der Ecke
Dacht bei sich: Was will der Kecke
Mit der Herrin fangen an?
Als nun Pechsel voll des Glückes
Und des günstigen Geschickes
Schon die Arme breitet aus,
Packt ihn, oh welch ein Graus,
An dem Kragen Jagdhund Flieder,
Warf den Armen rückwärts nieder,
Zauste an des Frackes Schößen,
Bis man sah recht viele Blößen.
Und auch Blut hernieder rollte,
Während Flieder furchtbar grollte.
Pechsel rief: „Infames Tier,
Bestie des Teufels schier.“
Doch der Jagdhund ließ nicht ab,
Überschrecklich zugerichtet
Bis sie einen Tritt ihm gab.
Und moralisch wie vernichtet,
Stand er bald drauf am Kamine,
Zorn und Angst in seiner Miene.
Oberförsters Töchterlein
Sprach: „Ich laß Euch nun allein,
Um den Vater herzuschicken,
Was von Not in allen Stücken,
Denn der Hund scheint toll zu sein!“
„Toll!“ rief Pechsel nun vor Grauen,
Doch sie war nicht mehr zu schauen
Und als er sich nun bewegte,
Knurrend auch der Hund sich regte,
Stellte vor den Pastor sich
Mit Gebärden fürchterlich.
Als ein Retter vor der Pein,
Trat der Förster endlich ein.
„Seid willkommen, Herr Pastor!“
Drang’s aus seinem Mund hervor.
„Doch was gibt’s, was ist geschehn?
Was, oh Himmel muss ich sehn?“
„Ein Wort, Herr Förster, nur ein Wort!“
Rief bebend Pechsel dann sofort.
„Was denkt Ihr von dem Hunde dort?
Ist er wohl toll, oh sprechet schnell
Und rettet mich aus dieser Höll‘!“
„Mein Flieder toll? Was fällt Euch ein!“
„Dann grüßt mir Euer Töchterlein.“
So sprach dann stolz der Kandidat
Und suchte heimwärts seinen Pfad.
Drum merket Euch die Lehre fein:
Lasst nie beim Freien Hunde rein.