
Zwei Kesselflicker
(Zaghafter Eintritt und nehmen an der Tür wie in Verlegenheit die Schlapphüte ab)
Erster:
Verzeihen Sie, wenn wir ungebeten
so frei sind hier hereinzutreten!
Wir seh’n zwar für das noble Haus
ein bisschen abgetragen aus,
doch unsereiner, der hat leider
nur was er an hat – und nichts weiter.
Frack – Chapeau claque und Augenzwicker
ist nichts für arme Kesselflicker.
Zweiter:
Wir selbst sind ja auch Nebensache;
sind wir nur gut in unserm Fache.
Verstehn wir unser Handwerk richtig,
ist alles andre gar nicht wichtig;
Denn Kesselflicker – ich sag’ s ehrlich,
sind heutzutage unentbehrlich,
denn wo sie irgend hin nur blicken:
es gibt jedem was am Zeug zu flicken.
Erster:
Vom Flicken wir das Dasein fristen,
doch sind wir sonders Spezialisten
so – von der Kesselflickerei.
Wo’ s Kessel gibt, da sind wir zwei,
und bessern jeden Schaden aus.
Drum kamen wir in dieses Haus,
weil ganz besonders große Rollen
grad hier zwei Kessel spielen sollen,
die heute man zusammenschweißt,
was man so „Hochzeit machen“ heißt.
Zweiter:
Ja, jeder Mensch in unsern Tagen
hat so sein Kesselchen zu tragen
um darin gründlich auszukochen,
was er so mit der Zeit verbrochen.
Denn um hübsch reinlich dazustehen,
ist es eben nicht gut zu umgehen –
er muss mit seinen sieben Sachen
zeitweilig große Wäsche machen.
Erster:
Wer sich nun recht hübsch sauber hält
und acht gibt, dass er auch nicht fällt
in Staub und Sumpf und Straßenkot,
bei dem hat‘s eben keine Not,
der hat dann das Gebreche nicht
und braucht die große Wäsche nicht
und hält, das sieht wohl jeder ein,
den Kessel immer blank und rein,
und Flickerei gibt’s da nicht groß.
Zweiter:
Doch das gibt’s meist bei Damen bloß,
da bleibt der Kessel meistens blank,
weil jedem Mägdelein – Gott sei Dank -
wie ihr ja aus Erfahrung wisst,
die Reinheit angeboren ist.
Doch ach! – Fast jede Mannsperson
wälzt sich ja meist als Bube schon
vergnügt herum im Straßendreck
und macht ans Kleid so manchen Fleck –
Ach, mancher dabei übertreibt’ s,
und wie als Kind er’s macht so bleibt‘ s
im Sumpf herum er gern mal watet,
bis er schließlich heiratet!
Erster:
Da hört in solchem Zeitenlauf
die große Wäsche gar nicht auf,
der Kessel steht stet’ s überm Feuer –
und leidet dabei ungeheuer,
er wird gewaltig strapaziert
und wie man ihn auch repariert
und sauber zumacht jedes Loch,
ein altes Flickwerk bleibt er doch!
Zweiter:
(seinen defekten Kessel besehend und daran arbeitend)
Und ich muss nun – um‘ s aufzufrischen –
grad so ein altes Ding erwischen!
Ob da das Flicken noch was nutzt?
Der ist ja furchtbar zugestutzt,
da ist schon sehr viel drin gewaschen.
Erster:
Ist wirklich noch nichts dran geschehn? (nimmt den blanken Kessel)
Lass mich doch mal genau beseh‘ n,
ob wirklich alles noch im Schuss ist –
was freilich eine harte Nuss ist,
denn einer Frau was zu beweisen –
du – das will nämlich sehr viel heißen,
die Frauen – ich kenne das genau –
die sind dir nämlich riesig schlau,
(setzt eine Brille auf zum prüfen)
ist irgendwo was abgenutzt,
das wird so schlau und fein verputzt,
dass man nachher den Unterschied
nicht mit der stärksten Brille sieht.
Erster:
Na, gib nur her, lass den in Ruh‘,
flick lieber dort die Löcher zu.
Ich glaub‘ bei dieser Flickerei
kommt an das Licht so mancherlei,
und man kommt bei der Reparatur
sehr komischen Dingen auf der Spur,
die in vergangenen Zeiten liegen.
Zweiter:
Pscht! – Kesselflicker sind verschwiegen!
Man flickt, wo man noch flicken kann,
das andre geht uns gar nichts an. –
(den alten Kessel besehend)
Ich dacht‘, ich hätt‘ auch ganz geschickt
den alten Kessel ausgeflickt –
und rausgehämmert jede Beule,
der hält nun schon noch eine Weile!
Erster:
(seinen Kessel zeigend)
Auch hier ist nichts mehr dran zu tun.
Da machen Feierabend wir nun –
und seh‘ n, wenn‘ s grad‘ so passen mag,
in einigen Jährchen wieder nach.
Denn wird ein Mägdlein erst Frau,
dann sieht die Fehler man genau.
Jetzt glänzt der Kessel noch zu sehr,
der Rost zeigt sich erst hinterher.
Zweiter:
Jawohl – In zwei – drei Jährchen nur,
nachher gibt’s manche Reparatur!
(beide gehen ab)