Klagelied eines geplagten Ehemannes
(Vortragender tritt als Pantoffelheld, der sich einmal als „sicher“ fühlt auf. Bei einigermaßen gut pointiertem Vortrag wird sich der Darsteller nicht über Mangel an Beifall zu beklagen haben.)
Vor der Trauung bist du Junggesell‘ -
Nach der Trauung hast du oft die Höll‘!
In der Ehe kannst du was erleben,
Ach, da lernste zittern, lernste beben,
Lernste Kopfstehn, eh‘ du dir’s gedacht;
Ja, da wirste zum Hanswurst gemacht.
Vor der Trauung ist die Maid so gut,
Nach der Trauung kommt sie oft in Wut;
In der Ehe, Freundchen, lass dir sagen,
Lernste Leiden, ohne viel zu klagen,
Da erkennst du bald, es ist ein Graus
Wer in deinem Heim der Herr im Haus.
Vor der Trauung lach‘ ich in den Tag,
Nach der Trauung traf mich fast der Schlag;
In der Ehe, schon die ersten Wochen,
Fasst‘ ich mich an meine lahmen Knochen,
Und ich fragt‘ mit sauerm Angesicht:
Herrgott, bin ich’s oder bin ich’s nicht?!
Vor der Trauung nannt mein Weib mich Schatz,
Nach der Trauungrief sie: „alter Fratz“ -
In der Ehe macht sie stolz das Rennen,
Weiß mich täglich anders zu benennen,
Und vergleicht mich ohne große Müh‘
Mit den Viechern der Menagerie.
Vor der Trauung stand ich mich famos,
Nach der Trauung war der Teufel los!
In der Ehe muss ich stets bezahlen,
Und mein Portemonnaie hat Schwindsuchtsqualen,
Aber jetzt, da rück‘ ich nischt mehr raus,
Hoffentlich rückt da die Olle aus.
Vor der Eh‘ küsst‘ ich sie so süß,
Nach der Ehe unterließ ich dies,
Denn ich konnte nun auf ihre Lippen,
Gar nicht mehr so lieb und zärtlich tippen,
Weil sie, was mir niemals sehr gefällt,
Ihren großen Schnabel selten hält.
Vor der Trauung lebt man froh und frei,
Nach der Trauung ist auch das vorbei,
Ach, da drehste nicht mehr lose Dinger,
Denn dein Weibi passt dir auf die Finger,
Und sie führt dich jeder Zeit und Stund‘
An der Leine, wie `nen Kettenhund.
Vor der Trauung fand mein Weib ich schön,
Nach der Trauung tat ich schön’re seh’n,
In der Ehe erst entdeckt' ich eben,
Wie viel schön’re Mädel es tut geben;
Aber steigt man mal `nen Mädel nach,
Steigt die Olle einem auf das Dach.
Vor der Trauung macht‘ ich’n Tag zur Nacht,
Nach der Trauung geht’s ins Bett um acht;
In der Eh‘ dacht ich oft verstohlen:
Mag das traute Heim der Teufel holen;
Denn man traut sich aus dem trauten Heim
Gar nicht raus, man klebt dran, wie auf Leim.
Vor der Trauung ist die Ritterzeit,
Nach der Trauung folgt die Flitterzeit,
In der Eh‘ wird diese unterbrochen,
Und es folgen die Gewitterwochen;
Alle Flitterwochen sind vorbei,
Und die Zitterwochen an der Reih‘.
Vor der Trauung lobte mich mein Weib,
Nach der Trauung hat sie `n Teufel im Leib,
In der Eh‘ nun schüttet sie ihr Herze,
Allen Leuten aus, im tiefsten Schmerze,
Durch das Herzausschütten, o Geschmack,
Schrumpelt sie zusamm’n wie’n Dudelsack.
Vor der Trauung war ich Damenfreund,
Nach der Trauung ward ich Weiberfeind,
Denn die Eh’ ist gut, ich sag’s ohn‘ Höhnen,
Sich der Weiber gänzlich zu entwöhnen.
Darum heirat‘, Mensch, sobald es passt,
Aber nur, wenn du Courage hast! - -
Vor der Trauung lebte ich so schön,
Nach der Trauung hab‘ ich’s eingeseh’n;
In der Ehe tat ich häufig beten:
Hätt’st du doch niemals hinein getreten,
Und so hab‘ aus Rache ich bei Nacht,
Dies Copletchen mir darauf gemacht.
Robert Hertwig