Onkel und Tante

(wenn junge Leute es vortragen wirkt am besten, wenn altmodische Kleider getragen werden)

Ein alter Onkel kann sich schon erlauben
beim Hochzeitsfest manch freies Wort,
ja, wenn er will, darf er das Pärchen schrauben
und heiter necken sie in einem fort.

Tante
Und auch die gute, alte Tante Nante
darf sich als die Bekannte und Verwandte
vom Vater und von Mutter unterstehen,
ob alles hier in Ordnung, nachzusehen.

Onkel
Ja, ja, es ist wahr, wir sind ein würdiges Paar,
nehmt unsere Worte recht in Ehren wahr!
Und lasset Euch durch uns ja nicht verdutzen,
sonst bringen unsere Lehren keinen Nutzen.

Tante
Ja, Kinder, Eure Tante Nante,
die schon als Mädchen junge Fante kannte,
die ohne Überlegung und Verstand
so in die Ehe sind hineingerannt,
die wird Euch raten, wie es stets Euch glückt,
dass Euch der Schuh im Leben niemals drückt.

Onkel
Wollt Ihr gedrückt nicht sein in künftigen Tagen,
da dürft Ihr keine engen Schuhe tragen.
Du, Tante Nante, wenn Du sonst nichts weißt,
sei so gut und halte Deinen Geist.
Und lass mich reden und dem Brautpaar zeigen,
wie in der Ehe man recht glücklich lebt.

Tante
Das ist ein Kunststück, da gilt es bloß zu schweigen,
wenn mal ein kleiner Zank emporzukommen sich bestrebt.

Onkel
Du, Tante Nante, Deine guten Lehrer
hast Du am allerwenigsten geübt!
Hätte ich Dir das Reden manchmal können wehren,
Du hättest mich im Leben nie betrübt,
so aber – nun, ich will nichts weiter sagen,
ich hab mein Päckchen mit Geduld getragen.

Tante
Mann! Mann! Du willst ein gutes Beispiel geben
und Du verleumdest Dein eigene Frau?
Habe ich Dich nur ein einzigmal im Leben
durch Zank betrübt? – Sprich! Überleg es genau.

Onkel
Nein, einmal nicht, darauf geb ich mein Wort,
Du hast mich stets betrübt in einem fort.

Tanta
Mann! Mann! Entsetzlich! Nein, solch ein Barbar,
hier auszustreuen solche frechen Lügen!
Oh schäme Dich, Du Mensch in grauem Haar,
dies Paar durch falschen Leumund zu betrügen.
Hört, Kinder, nicht auf ihn, ich mein es redlich,
den Rat, den er gibt, mache ich unschädlich.
Was immer auch bei Euch vorkommen mag,
Oh, gebet stets einander nach.

Onkel
Du Tante Nante hast das nie getan,
Du fingest stets von vorne wieder an!
Und hätte ich nicht immer stets geschwiegen,
wir hätten niemals aufgehört zu kriegen.
Wir hatten manchmal Waffenstillstand,
doch unsere Säbel immer bei der Hand.

Tante (ärgerlich)
Ich glaube gar, wir haben uns geprügelt
und uns gelegen immerfort im Haar,
ja, hätt ich meine Zunge nicht gezügelt,
da hätten wir uns Scheiden lassen gar.

Onkel
Na, oft genug ist es darauf hinausgegangen
und Tante Nante hat stets angefangen
und bei dem Drohen blieb es nicht allein,
es schlug dabei oft tüchtig ein.

Tante (gereizt)
Mann, Unmensch und Tyrann, mir schwirrt‘s im Kopfe,
es dreht sich alles rings im Kopfe um.

Onkel
So ging mir’s manchmal, wenn mit einem Topfe
an meinen Schädel Du gemacht hast Bum!

Tante (ärgerlich)
Luft! Luft! Luft will ich oder ich ersticke,
nimm, alter Sünder, Dich in acht,
sonst fahre ich Dir stets in die Perücke
und widme Dir von Prügel eine Tracht.

Onkel
Wär nicht zum ersten Male, Tante Nante,
hier sehn’s ja nur Bekannte und Verwandte
und dass es bei uns gab gehörig Holze,
das sehn dann alle mit gerechtem Stolze.

Tante
Das soll mich im geringstem nicht genieren!
Sprich, willst Du nun im guten mir parieren,
willst mir gestehen, dass ich ein Engel bin?

Onkel
Nein! – Das kommt mir niemals in den Sinn.

Tante
Nun Lammsgeduld, so fahr zum Teufel hin.
Jetzt wird ich Dir vor allen Leuten zeigen,
(fährt auf den Onkel los und reißt ihm die Perücke vom Kopf)
Du schändlicher, erbärmlicher Wicht!
(fängt an ihn zu bearbeiten)

Onkel
Du, Tante Nante, halt, jetzt heißt es zu schweigen,
geh ferner nicht so mit mir ins Gericht.
Es ist genug! Der Zweck ist ja erreicht,
wir haben nun dem jungen Paar gezeigt,
wie sie es niemals machen sollen,
wenn sie im Leben glücklich werden wollen.

Tante
Seht, Kinder, und merkt Euch solchen Krempel,
wir machen das abschreckende Exempel.
Macht’s umgekehrt wie wir und seid gewiss,
da kriegt nie Eure Ehe einen Riss;
Das sagt Euch Eure gute Tante Nante,
die schon als Mädchen schlechte Fante kannte.

Onkel
Doch, Tante, komm nun, es wird wirklich Zeit,
Dass ich mich werfe nun ins Festeskleid,
denn so wie Du mich zugerichtet hast,
da bin ich ein recht schlechter Hochzeitsgast.
(beide gehen ab)