Toast

An einem so feierlichen Tag
Bringt die Gesundheit aus wer da mag:
Ich wende mich an die Frau vom Haus
Und sag die Wahrheit rund heraus:
Als sie vor 25 Jahren Hochzeit gemacht,
Hätt ich selber nicht gedacht
Daß sie sich werden so verstehn
Und daß es werde so lange gehn.
Nun aber ist es doch gegangen,
Wie's die gescheiten Leute verlangen:
Sie haben sich äußerlich recht gut vertragen,
Und Sie ihn immer nur heimlich geschlagen,
Daß es niemand gemerkt hat
Und sich die Furcht doch gestärkt hat.
Geben Sie ihn immer nur gebratne Kartoffeln,
So erleid't er nachher schon die Pantoffeln. -
Na, mich freut's, daß wir heute so lustig sind,
Drum leb' der Papa, die Mama, und das Kind,
Kurzum das Haus und die Freund' im Haus!
Da dermit ist meine Gesundheit aus!
Vivat!

August Kopisch


 

 

 

So vor fünfundzwanzig Jahren
standet ihr am Traualtar.
Und der Zukunft Tage waren
euch und andren noch nicht klar.
Aber heut' im Freundeskreise
schaut ihr zurück auf eure Reise,
für das Ziel, das nicht mehr Schein,
stehen Kinder und Enkel ein.
Der Liebe Melodienschatz,
er wechselt wie im Fluge,
die Ehe bleibt im gleichen Satz,
ihr wird die Zeit zur Fuge.

Franz Grillparzer


 

 

 

Der Ehestand ein Wehestand

Der Ehestand ein Wehestand,
dies Sprichwort ist gar wohl bekannt.
Allein ein jedes Sprichwort hinkt
und wem kein Eheglück gelingt,
der frage, wenn sein Kreuz er trägt,
ob nicht die eigene Schuld ihn schlägt!
Wahr bleibt es, dass im Ehestand
manch Herz schon schweres Wehe fand;
doch da voll Prüfung, wie ihr wisst,
ein jeder Stand hinieden ist,
so können Leiden ja allein
dem Ehestand kein Vorwurf sein.
Bei euch, ihr Lieben, ist's nicht so,
ihr wart ja glücklich stets und froh;
ihr habt in 25 Jahren
viel Freude, Glück und Heil erfahren.
Euch hat des Himmels Huld erfreut,
drum danket Gott für alles heut.
Der Gott, der Herz an Herzen reiht,
versüß euch eure Lebenszeit,
schenk euch noch reichen Himmelssegen
auf allen euren Lebenswegen
und spät dereinst die Himmelslust;
dies wünsch ich euch aus voller Brust!
 
 

 

 

Goldmacher sind verrufen schier
 

Goldmacher sind verrufen schier,
wie wohl ein jeder weiß.
Doch bleiben zwei ,die längst erprobt:
Die Ehe und der Fleiß.
Der Fleiß macht Gold. Nicht jeder triffts.
Man plagt sich früh und spät
und dankt zuletzt dem lieben Gott,
wenn man sein Auskommen hat.
Die Ehe ist viel besser drann,
sie braucht nicht Glück. Nur Zeit.
Nach fünundzwanzig Jahren ist
sie silbern so wie heut!
Noch fünfundzwanzig (ihr sollt sehn,
ich lad euch freundlich ein);
so wird sie (wie jetzt silbern nur),
so wird sie golden sein!
Wer Lieb und Treu im Herzen trägt
und wenn sie Gleiches weiht,
für den ist, wie der Weltsturm braust,
noch heut die goldne Zeit.


Franz Grillparzer