Köchin

Als Kind schon hörte ich immer sagen,
die Liebe des Mannes geht durch den Magen.
Ich finde, wenn man es recht betrachtet,
wird das noch immer zu wenig beachtet.

Vielleicht werde ich hier damit Anstoß erregen!
Ein Mädel von heute, das lacht überlegen,
spricht man von der Ehe und ihren Pflichten.
Wie unmodern ist das! – O nein, wir verzichten.

Selbst kochen? Das ist schon erst recht nicht modern,
das ist unsern Mädels zu subaltern.
Sie treiben Sport und lernen Latein -
man muss ja heut „auf der Höhe“ sein.

Vor allen Dingen sich emanzipieren.
Es geht ja nicht anders, man muss studieren,
den Doktortitel erwerben partout,
denn das gehört ja heut dazu.

Man braucht keinen Mann, nur Selbstständigkeit.
Welch Mädel hat heut für die Liebe noch Zeit!
Die wird überhaupt einfach ausgeschaltet,
ist längst überholt, ist total veraltet. -

Doch kommt erst der Rechte, dann hält das nicht an,
auch die Emanzipierte nimmt gern einen Mann,
schenkt – ganz wie die unmodernen Frauen -
ihr Herz, ihre Lieb ihm und ihr Vertrauen.

Sie hört von der Liebe ihn sprechen so gern
und findet es gar nicht mehr unmodern,
hat selbstverständlich für Liebe auch Zeit,
trotz Studium und aller Gelehrsamkeit.

Und was wohl am allererstaunlichsten ist:
Sie lernt jetzt das Kochen zu selbiger Frist
und findet, es ist nichts dagegen zu sagen,
die Liebe des Mannes geht durch den Magen.

Was sehe ich? Ein Brautpaar? Das ist ja famos!
Ich bin grad seit gestern erst stellungslos.
Ich koche vorzüglich und sparsam dabei,
das ist ganz bestimmt keine Aufschneiderei.

Für solch einen eben gegründeten Herd
ist nämlich die Köchin besonders viel wert.
Du solltest, lieb' Braut, dich gar nicht genieren
und mich heut vom Fleck weg gleich engagieren.

Den Kochlöffel nimm hier als Hochzeitsgeschenk
und bleib meiner Worte stets eingedenk:
Koch sparsam, das wird ihm bestimmt behagen,
die Liebe des Mannes geht durch den Magen.

Helene Szpitter