Rechtschreibung, Orthografie


Orthografie, Rechtschreibung, ist,
was man in Briefen stets vermisst,
die uns aus Liebe im Vertrauen
oft Mädchen schreiben oder Frauen.
(Bei solchen Briefen sehr beliebt
ist in der Regel das Postscript).
In Haushaltsbüchern auch
ist recht zu schreiben nicht Gebrauch.
Doch gibt es Fräuleins, sowie Damen,
die Prosa schreiben, Verse, Dramen.
Blaustrümpfe werden sie genannt,
warum? ist ziemlich unbekannt.
Wenn wir dabei bestreiten wollten,
dass Frauenzimmer schreiben sollten,
vergeblich wär’s – sie schreiben doch,
so lang in Strümpfen gibt‘s ein Loch,
in Heften Klecke, Staub im Haus,
so lange Knöpfe reißen aus,
Putzbürstenton die Männer peinigt,
die Wäsche nicht von selbst sich reinigt,
so lang ein Braten noch verbrennt –
das Weib auch Geist hat und Talent.

Sehr schwierig zu entscheiden bleibt,
wer heutzutage richtig schreibt,
denn seit die neue Schreibart gilt,
der eine das als Fehler schilt,
was, wär‘ zum Richter er bestellt,
ein Anderer für richtig hält.
Den Räthen nahmen sie ihr „h“,
bei Andern lässt man’s wieder da.
Die Ratte schreibt man wie bisher –
mit einem „t“ zu kahl sie wär.
Den Thüren blieb das „h“ – dem Tier
entzieht man es mit Ungebühr
und, deutsam für die Gegenwart,
schreibt man auch frisches Brot – jetzt hart.

Gleichgiltig in der Ehe nicht
ist, wie man alles schreibt und spricht.
Versäum‘ drum in der Ehe nie
zu achten auf Orthografie.
Ob kurz, ob lang, ob groß, ob klein
man etwas schätzt, kann wichtig sein.
Zum Beispiel: wenn’s die Gattin reizt,
wie sich der liebe Gatte schneuzt,
wenn ärgernd es den Gatten juckt,
wie die verehrte Gattin spuckt,
und wenn dem Mann zuwider ist
die Art wie’s Weib bei Tische isst,
und es die Gattin kaum erträgt,
wie Nachts der Gatte schnarcht und sägt –
Ob dies nur eine Kleinigkeit,
zuwider werden mit der Zeit
aus solch geringem Anlass kann
der Mann dem Weib, das Weib dem Mann.
Wenn derlei orthograf’sche Schnitzer
nicht alsbald abgelegt ihr Besitzer
und sie gleichgültig unterschätzt,
wird leicht der Ehe Glück verletzt.
Drum habe Acht in allen Stücken,
mach Elefanten nicht aus Mücken;
doch auch als Mücke an der Wand
erschein dir nicht der Elefant.
Sehr nötig ist’s zur Harmonie,
dass sich verstehen Er und Sie,
und das die beiden Ehegatten
sind einig über Licht und Schatten,
Den Wert der Dinge groß und klein
und was das Wesen, was nur Schein.
Vor allem in der Ehe sei: Lieben
sowie die Treue groß geschrieben
und ebenso zu jeder Zeit
in jedem Sinn die: Häuslichkeit.

Will Mann und Weib sich recht verstehen
und glücklich durch das Leben gehen,
so möchte ich raten sehr den Beiden,
Fremdwörter möglichst zu vermeiden.
Ein Fremdwort falsch gebraucht, verrät
sofort, wie’s mit der Bindung steht.

Wenn jemand findet „kommifoh“
jedwedes Ding, und von „Rischoh“,
„Kommvor“, „Schapie“ spricht und „Schanier“
und sagt, sein Kind sei „scrupholös“
und seine Gattin, „nerviös“,
verwechseln wird er dann, o weh!
Leicht den Coupon mit dem Coupe,
und ,ist der Unterschied auch grell,
Duell zuweilen mit Tunnel;
Speist „Tabelto“ statt „Table d’hote“,
ersucht den Nachbarn um’s  „Komplott“ (Kompott)
und lobt nach einem reichen Mahl,
dasselbe laut als „sehr frugal“.

Frei sei der Ehe Firmament
von jedem fremden Element,
gut deutsch empfunden und gedacht,
das ist es, was uns, was uns glücklich macht!

Auch bei den Unterscheidungszeichen
sollt ihr nicht von der Regel weichen.
Denn jeder Punkt, auch noch so klein,
kann für den Sinn sehr wichtig sein.
Oft kommt’s auf einen Beistrich an,
und weicht man von der rechten Bahn,
bleibt dir am Ende gar, mein Lieber,
nichts als ein Trennungszeichen über –
das heißt, zur größeren Leids Vermeidung,
als Ende vom Ehelied – die Scheidung,
die, ist sie vielfach auch modern,
Gott halt‘ von meinen Lesern fern!