Eigenschaftswort, Adjektiv


An Frauen und Mädchen haften
die mannigfachsten Eigenschaften.
Ein Mädchen ohne Geld, bei Jahren,
gilt als im Hause sehr erfahren.
Ein häßlich Frauenzimmer gilt
als geistreich meißt und herzensmild.
Ein reiches Fräulein gilt für dumm –
man weiß oft freilich nicht warum.
Ist eine Dame hübsch und nett,
nennt man sie herzlos und kokett
und eine wahrhaft schönen Maid
hängt manchen Makel an – der Neid!
Kann Eine schreiben nicht korrekt,
doch spricht französisch sie perfekt
und Englisch, sei’s auch nur vom Wetter,
liest sie Romane, Monatsblätter,
besucht Theater und Konzert,
wird als gebildet sehr verehrt.

Wenn eine etwas flicken kann
und lächeln, sowie sticken kann,
preist man – ist’s häufig auch erlogen –
sie als sehr häuslich auferzogen.
Versteht ein Fräulein leichten Scherz
und kann sie plaudern ohne Herz,
versteht sie stets zu lächeln bloß,
gilt sie als reizend und famos.

Was Frau’n für Eigenschaften eigen,
wird sich erst nach der Trauung zeigen,
denn vorher sind sie alle Engel,
sehr tugendhaft und ohne Mängel.
Darum studiere erst genau
die Mutter deiner künftgen Frau –
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Und scheint die Tochter dir ein Lamm,
wenn ihre Mutter ist ein Drach‘,
wird sie’s auch sicher nach und nach.

Weit weniger man sagen kann
in dieser Richtung von dem Mann,
dieweil im Ganzen wie ihr wisst,
der Eine wie der Andere ist.