Der Gerichtsvollzieher
(mit Stock und Akten unterm Arm)
Kreuzdonnerwetter! Es ist zu dumm!
Lauf schon den ganzen Tag herum
nach einem Herrn von Sausewind,
dem jüngst ein allerliebstes Kind
gutwillig geliehen Herz und Sinn,
so wahr ich Gerichtsvollzieher bin
von Hymens Land- und Amtsgericht!
Herr Sausewind will nämlich nicht
das ihm geliehene wiedergeben,
drum soll ich bei ihm pfänden eben!
Soll legen Beschlag auf die Herzensergüsse
und all die tausend zärtlichen Küsse,
die er leichtsinnig will verschwenden
und andern rosigen Lippen spenden.
(Plötzlich auf den Bräutigam deutend)
Aha, da sitzt ja Herr Sausewind!
Und neben ihm ein schmuckes Kind!
Nun will ich gleich mein Amt versehen,
die Pfändung kann jetzt vor sich gehen!
Zwar darf ich nichts von Spinden und Spiegeln,
von Kisten und Kasten all hier versiegeln,
denn unser Gericht kann sie nicht expedieren
und ebenso wenig verauktionieren;
Doch will ich dem Herrn einen Spiegel aufdrücken,
das soll ihn fürwahr nicht wenig zwicken.
(zum Bräutigam tretend)
Nun also, mein Herr von Sausewind,
ich bitte um prompte Bezahlung geschwind!
Sie wissen schon und haben‘s vernommen,
weshalb ich bin zu Ihnen gekommen!
Ich bin der Ex’cutor Faßihnmal
von Hymens Liebestribunal!
Na wird nun berappt oder – soll ich pfänden?
(eine Dame aus der Gesellschaft winkt ihn zu sich)
Da winkt ja ne Dame mit den Händen!
Hat mir die Schöne etwas zu sagen?
Da wollen wir sie doch gleich mal fragen!
Aha, sie kommt schon! -
(die Dame tritt zu ihm heran)
Nun, Ihr Begehr?
(Sie gibt ihm zu verstehen, ihm leise etwas ins Ohr sagen zu wollen)
Ach so, ins Ohr also! Gut, ich höre!
(neigt sein Ohr zu ihr, sie flüstert ihm etwas zu)
Wie! Ist das Wahrheit, was sie da sagen?
Herr Sausewind hätte längst abgetragen
mit reichlichen Zinsen, was er entliehen?
Nicht übel! Dann müsst ich mich ja verziehen
und tausendmal noch um Entschuldigung bitten!
Nun gut, so scheid‘ ich aus Euren Mitten!
Die Dame kann es nämlich beschwören,
dass der Herr Schuldner hier in Ehren
all die Liebkosungen und Küsse
und sonstigen kleinen Liebesgenüsse,
der lieben Braut, ohne Widerstreben,
schon zehnfach hätt – zurückgegeben!
Ja, nun nimmt die Sache ne andere Wendung!
Und hätt ich ein Spiegel noch für Euch bereit,
so wär es nur das – der Verschwiegenheit!
Jedoch um ein Pfand muss ich dennoch, mein Pärchen,
dich bitten; doch eilt es nicht, es hat Zeit noch ein Jährchen.
Was das für ein Pfand sei? Oh fragt nur die Triebe
des Herzens! Ich meine „ein Pfand – Eurer Liebe!“
E. L.