Die zehnte Muse

Neun Musen kennt das Altertum,
sich brüstend mit der Künste Ruhm,
doch ohne Muse blieb die Kunst,
die steht in höchster Menschengunst.

Die jedes Wesen tief verehrt
und deren Werk man „heiß“ begehrt,
in Stadt und Land, in Wald und Flur
ihr huldigt alle Kreatur.

Vom Mann der Zivilisation
bis zu der Wildnis Menschensohn -
kein Staubgeborener entzieht
je ihrem Zauber sein Gemüt.

Die seit Jahrtausenden besteht,
die nie veraltet, nie vergeht,
„Geschmackvoll“ bleibt zu jeder Frist,
weil es – die edle Kochkunst ist.

Drum, Jüngling, willst du frein,
so lass dir dies geraten sein:
Wähl zum Gespons dir mit Vernunft
nur ein Genie aus dieser Zunft.

Was Pinselei und Klimperei!
Es wird der Mensch nicht satt dabei;
und die da Tintenklecksen gar,
sind erst die wahre Hexenschar.

Nein, nimm ein hochverständig Weib,
dabei gedeiht dir Seel und Leib,
sie schmort und brät, sie hackt und backt,
das was sie kocht ist stets exakt.

Sie stillt den feinsten Gaumenwunsch
und braut den besten Schlummerpunsch;
und weise ist nur, wer da liebt,
wo’s tadellos zu essen gibt!

(Schluss - oder zur Braut)

Du aber, mein kluges Jungfräulein,
ins Kochbuch steck dein Näschen rein;
Denn leider ist des Gatten Brauch:
So wie er isst – so ist er auch.

Nur dieser Muse wackere Kunst
erhält dir dauernd seine Gunst,
dann gönnt er dir – bei Zeitverbleib! -
Noch alle neun!! ... zum Zeitvertreib.

A. Burchardt-Nienstein