Als der Großvater die Großmutter nahm
Paar 1 (alte Tracht) Paar 2 (modern gekleidet)
Paar 1 (Brautpaar, sehr würdevoll hereinkommend):
Als der Großvater die Großmutter nahm,
da war man noch würdig und tugendsam,
der Mann war der Herrscher in Heim und im Haus,
die Frau führte treu die Befehle ihm aus.
Ihr Reich war der Haushalt, sie kochte am Herd,
ihr waren bloß Pflichten, nicht Rechte beschert,
man tanzte nur selten, man trieb keinen Sport,
doch hatte das Glück seinen sicheren Ort!
Paar 2 (kommt hereingetanzt):
Platz da, ihr Leutchen, was steht ihr und gafft?
Das Tanzen ist unsere Leidenschaft!
Unser Hochzeitstag heute! In Schleier und Kranz
lockt uns ein fescher, ein Ehesporttanz.
So eine Hochzeit, das ist doch ein Spaß!
Man tanzt in die Zukunft, nichts leichter als das!
Man braucht keine Mitgift und Ausdauer mehr,
man wohnt nur möbliert und man sorgt sich nicht sehr!
Paar 1:
Als der Großvater die Großmutter nahm,
da machte das Paar sich ein Zukunftsprogramm:
soviel für den Haushalt, auf Pfennig und Deut,
die Arbeit war Würde, das Sparen war Freud‘ -
Paar 2:
Selbst kochen ist mühsam, man speist außer Haus,
das Waschen, das Putzen ist alberner Graus!
Tagsüber im Laden, des Abends beim Tanz,
so bleibt jeder Haushalt ersparet uns ganz.
Paar 1:
Als der Großvater die Großmutter nahm,
da war die Kleidung noch lang und sittsam,
der Kopf war mit Zöpfen und Locken geschmückt,
man tanzte den Walzer gar zierlich geschickt.
Paar 2:
Als der Großvater die Großmutter nahm,
da war wohl die Braut gleich ne alte Madam?
Paar 1:
Wenn heut der Jüngling das Mädchen freit,
treibt sie der Leichtsinn wohl nur alle beid‘?
Paar 2:
War denn die Großmutter niemals so jung?
Machte sie nie einen Seitensprung?
Paar 1:
Wie wäre das möglich im langen Kleid?
Und doch war man jung auch zu unserer Zeit.
Paar 2:
Der kurze Rock, das kurze Haar
hat seine Vorzüge doch offenbar!
Paar 1 (Mann):
Viel billiger müssen die Kleider heut sein!
solch bisschen Stoff! Und so schlank obendrein -
Paar 2 (Mann):
Billiger? Irrtum! Statt einem Gewand,
dem „Staatskleid,“ hat man heut zehne zur Hand!
Paar 1 (Frau):
Wie glücklich du sein musst! Wie hast du’s bequem!
Wir holten noch Wasser vom Brunnen vordem,
wir gossen das Talglicht und brauten das Bier,
im Rauchfang drängten die Würste sich schier
mit Speck von dem selbstgeschlachtetem Schwein.
Wir wuschen und bleichten und stichelten fein.
Paar 2 (Frau):
Damals – wahrhaftig, es klingt wie ein Traum,
da gab’s in den Wohnungen reichlichen Raum,
und Dienstboten gab’s mit zufriedenem Mut,
ihr hattet im eigenem Heim es doch gut!
Ihr lebtet der Zukunft – wir leben den Tag -
am Ende hat jeder den selben Ertrag!
Paar 1:
Als der Großvater die Großmutter nahm,
ein jeder das Herz des andern bekam:
die Liebe war heilig, die Treue war echt -
wie ist es damit bei dem heut‘gen Geschlecht?
Paar 2:
Wenn heute der Jüngling sein Mädchen freit,
dann sind beider Herzen voll Seligkeit
und ob die Welt heute gut oder schlecht:
Die Liebe ist heilig, die Treue ist echt!
Paar 1:
Dann bleibt‘s ja beim alten, trotz Äußerlichkeit?
Paar 2:
Auch heute das Brautpaar der Liebe sich weiht!
Paar 1:
Die Würde allein und das lange Gewand
halten nicht immer das Glück bei der Hand.
Paar 2:
In schweren Jahren ist leichter Sinn
für dumpfe Alltäglichkeit ein Gewinn.
Paar 1:
Wir neigen im Reigen uns voll Gravität,
doch hat sich die Sitte inzwischen gedreht,
unsere Jugend war kürzer, doch heiß wie die heut,
der Kern blieb, ob auch sich die Schale erneut!
Paar 2:
Wir foxen und boxen voll Lebensgenuss,
wir rauben dem heute vergnügt einen Kuss,
wir wollen nie altern und schau‘n nie zurück
und doch blieb dasselbe wie einstens – das Glück!
Paar 1 und Paar 2 (fassen sich an den Händen und neigen sich vor dem Brautpaar):
Ihr Lieben, geblieben ist Myrte und Kranz,
das Leben der Ehe ist heiliger Tanz:
Was immer modern – was aufspielt die Zeit,
der Liebe bleiben die Herzen geweiht!
Diesen Tag, diese Stunde segne das Glück,
es streue euch Blumen das ewige Geschick.
Paar 1:
Denn als der Großvater die Großmutter nahm,
Paar 2:
die Liebe zu ihnen, wie heut zu uns, kam!