eine Schlafrock-Predigt zur Hochzeitsfeier
(mit Zipfelmütze)
Liebe Schwestern, liebe Brüder!
hochverehrtes Brautpaar du,
höret mir jetzt hin und wieder
etwas aufmerksam mit zu.
Jede Sache hat zwei Seiten,
eine link, die andere recht!
So erging’s zu allen Zeiten
auch dem menschlichen Geschlecht.
Ganz besonders in der Ehe
stellt sich solches recht heraus,
drum man sich’s bei Licht besehe,
eh‘ man zieht ins Ehehaus:
Eine Seele sein zu nennen,
die gehört uns ganz allein,
die sich nie von uns kann trennen,
unser Denken teilt und Sein,
alle Sorgen mit uns träget,
alle Freuden mit uns teilt,
die uns sorgsam liebt und pfleget,
wenn ein Unfall uns ereilt,
die uns treu das Haus verwaltet,
immer redlich sorgt und schafft,
unser Dasein schön gestaltet,
neu belebt stets unsre Kraft -
wenn sich so ergänzen beide,
eins dem andern so gehört,
ja – da ist die rechte Seite
in der Eh‘ herausgekehrt.
Wend‘ ich aber mich zur Linken -
Kinder, was erblick ich da!
Ach, da seh‘ ich alles hinken,
was ich rechts so herrlich sah.
Zornig schüttelt er die Mähne,
wenn’s nicht immer klappen will;
Und die Teure wird Hyäne,
schweigt nicht gleich der Gatte still.
Donner hör‘ ich immer rollen,
oft auch schlägt herein der Blitz,
aber schlimmer noch, wenn’s Schmollen
nimmt bei beiden Stimm‘ und Sitz.
Den Pantoffel seh‘ ich fliegen
auf und nieder wie im Takt,
und um nicht zu unterliegen,
haut sie, dass es förmlich knackt.
Und das er nicht ganz zum Sklaven
von der Frau erniedrigt wird,
flieht er aus dem Ehehafen,
heulend: War ich denn verwirrt,
dass ich mich solch einen Drachen
als Gefährtin auserkor?
Oh wie höhnisch hör ich lachen
meiner Freunde lustig Chor!
Einen Engel heimzuführen
glaubte ich am Hochzeitstag.
Oh wenn mich doch wollte rühren
auf der Stelle gleich der Schlag!
Doch da ihn und seine Glieder
nicht der Schlag gutwillig trifft,
eilt er nach der Kneipe wieder,
um zu nehmen Rattengift.
Heim ist nun der Lärm verstummet,
der so fürchterlich getost.
Leis‘ nur noch die Gattin brummet,
aber innerlich erbost.
Solch ein Ehemann, solch ein Leben!
Murmelt sie dann still für sich.
Ach, mir hat’s ins Herz gegeben
einen fürchterlichen Stich.
Ach, wie wusste er zu schmeicheln,
als um meine Gunst er warb.
Hand und Locken konnt‘ er streicheln,
ohne dass er sie verdarb.
Und jetzt, - oh, ich darf’s nicht denken,
dass er mir nur Liebe log,
dass er, nur um mich zu kränken,
mich so jämmerlich betrog.
Niemals hab‘ ich ihn beleidigt,
kam er auch nach Hause grau, -
nur mein Recht hab‘ ich verteidigt
als getreue Ehefrau.
Wollt er freilich dies nicht leiden,
da half der Pantoffel mir,
und das war nicht zu vermeiden,
denn dann tobt er wie ein Stier.
Niemals soll ich widersprechen,
immer schweigen ganz wie stumm,
niemals auch ihn unterbrechen -
und doch weiß ich nicht warum.
Wozu hab‘ ich meine Zunge,
wenn ich sie nicht brauchen soll?
Warum schonen Gall‘ und Lunge,
wenn sie zum zerplatzen voll?
Aber schwer soll er mir büßen,
dass er sich von mir verbannt!
Will er mich einst wieder küssen,
halt‘ ich vor den Mund die Hand.
Will er mit mir zärtlich werden,
werd‘ ich sagen: Geh‘, Tyrann!
und mit drohenden Gebärden:
Komm‘ mich nicht zu dichte `ran.
Geh‘, für mich bist du verloren!
Oh, oh wär‘ ich nie geboren!
Seht, das ist die linke Seite
von dem gold’nen Ehestand!
Liebes Brautpaar, diese meide, -
sonst ist Ruh‘ und Glück verbannt!
Dahin wird’s bei euch nicht kommen,
so hab‘ ich mir’s vorgenommen!
Ich bin meiner Pflicht jetzt ledig, -
sei die Eh‘ euch beiden gnädig!