Hausierer und Dorfschulze
(Personen: Hausierer und Dorfschulze)


Hausierer:
(kommt rein mit Hausierkasten)

Nichts zu schachern? Nichts zu handeln?
Nicht ein Geschäftchen anzubandeln?
Kein Schwein zu verkaufen, keinen Ochsen, keine Kuh?
Nun, schütteln sie doch nicht mit dem Kopf immerzu!
Hasen-, Zicken-, Karnickelfelle?
Bei mir, da kommen sie an die richtige Stelle,
ich vermittle Geschäfte allerhand,
komm‘ weit herum in Stadt und Land.
Haben Sie etwa Getreide zu liegen?
Kann Stroh und Heu ich zu kaufen kriegen?
Oder Lumpen, Knochen und altes Eisen?
Kann Ihnen auch Knechte und Mägde zuweisen.
Woll‘ n Sie auf Häuser und Gasthöfe tauschen?
Unsereins kann vielerlei erlauschen.
Wo so viele Leute zusammen sind,
für manchen sich oft was passendes find’t.
Kann ich mit Serienlosen dienen?
Vielleicht bin ich gerade als Glückstopf erschienen.
Hier im Kasten hab ich nur Kleinigkeiten,
die mich auf meiner Tour begleiten;
Handschuh, Krawatten und Hosenträger,
Hosen und Jacken nach Professor Jäger,
Haaröl, Pomade und alte Seifen,
Kniegürtel, Armbänder, Tabakspfeifen.


Dorfschulze:
(mit Stock und Hut)

Hoho! Daraus wird nichts! Das kennt man schon!
Was hat er zu schachern in diesem Haus?
Sofort mit dem Hausierschein raus!


Hausierer:

Nanu! Wer ist denn der Patron?
Der poltert hier so plump herein,
der muss gewiss vom Dorfe sein.
(zum Dorfschulzen)
Verehrtester, ich will Ihnen etwas sagen,
Sie haben such gewiss verlaufen –


Dorfschulze:

Was? Donnerwetter! Hat er mich zu fragen?
Halt‘ s Maul er, sonst wird ich ihn mir gleich kaufen!


Hausierer:

Na, man nicht so grob!


Dorfschulze:

Herr! Dort ist die Tür!


Hausierer:

Potztausend! Ist denn kein Schutzmann hier,
der diesen unverschämten Mann
mal nach dem Spritzenhaus bringen kann?


Dorfschulze:

Was? Ich bin selber die Polizei,
darum erspar er sich sein Geschrei.
Jetzt such ich zuvor einen anderen Mann,
dann kommt er, der Schacherer dran.


Hausierer:

Schacherer? Na, warte, dem will ich’s besorgen,
und sollt ich ihm gleich meine „Fünfe“ borgen!
(holt zum Schlage aus)


Dorfschulze:

(der den Bräutigam fixiert hat und auf ihn zeigt)
Ha – seht! Dort sitzt der Bösewicht!


Hausierer:

Wer sind Sie, Herr der also spricht?
Ich bin hier wegen Handelschaft!


Dorfschulze:

Und ich mit des Gesetzes Kraft!
Ich werf es Ihnen mit Stolze hin,
dass ich von (Name des Wohnortes Bräutigam) der Schulze bin!
Ja, mein Herr..(Name Bräutigam), jetzt lach‘ er nur,
ich bin schon lange ihm auf der Spur.
Der Wächter hat mir oft schon erzählt,
dass es ihm hier oben im Kopfe fehlt,
dass er über finstere Pläne brütet,
und gegen irgend jemand wütet;
Denn oft, in stiller Mitternacht,
wenn niemand mehr im Dorfe wacht,
dann kommt er aus seinem Hause hervor
und streckt seine Arme zum Himmel empor,
die Augen verdreht er, zum Mond schreit er hin:
„Du meine Herzenskönigin!“
Drum kam der Wächter mir‘s endlich klagen.
Warum, Freund....(Name Bräutigam), will er nicht ruh’n?
Was hat er vor! Was will er tun?
Und warum hat er sich, eh’s jemand gedacht,
von Hause heimlich fortgemacht?
Doch ein Schulze, wie ich bin – ei, ei, ei –
dem geht nicht ein Verbrecher vorbei!
Hier wird seinem Treiben ein Ziel gesetzt,
denn er ist mein Gefangener jetzt!
(will auf den Bräutigam los)


Hausierer:
(hält ihn zurück und spricht)

Halt, halt, Herr Schulze, nur keinen Skandal!
(schlägt sich mit der Hand vor der Stirn)
Den Gedanken gab mir der Himmel ein!
(zum Dorfschulzen)
Beschau‘ er sich doch die Gesellschaft im Saal,
hier wird gewiss eine Hochzeit sein.
Wer ist denn eigentlich der Mann mit dem Mond?


Dorfschulze:

Der Mann bei uns in...(Name des Wohnortes Bräutigam) wohnt,
........(Vor- und Zuname Bräutigam) wird er mit Namen genannt.


Hausierer:

Hurra! Nun ist mir alles bekannt!
Verehrter Herr Schulze, jetzt seien sie still,
weil ich aus dem Traum Ihnen helfen will.
Sehen Sie, wir Handelsleut‘
reisen im Land umher, weit und breit.
Und, wie es so beim Schacher Brauch,
wir schnüffeln ein wenig in den Familien auch.
Schon manches Paar wurde, eh‘ man’s gedacht,
durch so einen Hausierer zusammengebracht.
Drum lassen Sie nur den Mann hier sein,
ich schenk‘ klaren Wein Ihnen drüber ein.
Der gute Mann war nicht krank, nur verliebt,
Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt;
Wenn er sein Liebchen hat lang nicht geseh’n,
ging er zum Monde, um Hilfe zu flehn.
Hier – hier in.......(Name des Wohnortes der Braut) da ist es gescheh‘n,
hier hat er die Füße von...(Name der Braut) geseh’n.
Aufseuftzte er: „Die oder keine!“
Und siehe da, die reizende Kleine,
Sie jubelt: „Der hat es mir angetan,
er oder keiner wird mein Mann!“
Verlieben – Verloben – ging schnell wie noch nie:
Die reine Funken-Telegraphie!
Herr Schulze, die Leutchen sind gar schon getraut!
Dort sitzen sie ja wie Bräutigam und Braut!
Na, Schulze, wenn das kein Reinfall ist?!
Ihr seid mir ein schöner Polizist;
Anstatt den Leutchen zu gratulieren,
wollt Ihr den Bräutigam ins Loch spedieren,
bringt Ihr das Bräutchen fast zum Weinen.


Dorfschulze:

Ach je, Herr Hausierer, dass lässt sich noch machen,
ich kauf euch was ab von Euern Sachen;
Wir können ja beide, zum Angedenken,
dem lieben Brautpaar einiges schenken;
Ich wird Euch nachher mein Anteil blechen,
Ihr könnt nun die Widmungsverse sprechen.
(suchen beide im Kasten umher)


Hausierer:
(zieht eine Zipfelmütze aus dem Kasten)

Bräutigam, nimm die Zipfelmütze,
denke dabei nicht an schlechte Witze;
Macht die Frau dir vor viel Kohl,
zieh sie über Ohren und Augen, und Dir ist wohl!
(zur Braut ihr einen Pantoffel überreichend)
Süßes Bräutchen, hier etwas für Dich!
Zeigt Dein Mann nicht folgsam sich,
brauchst Du nur mit dem Pantoffel ihm zu winken,
gleich wird er Dir dann zu Füßen sinken.
(zu beiden, mit einer Attrappe, eine kleine Wiege)
Hier hab ich noch etwas für beide bereit.
Glaubt mir, es kommt schon mal die Zeit,
wo Ihr dies Möbel werdet brauchen können –
hier habt Ihr’s, ich will es nicht weiter benennen!