Für einen Backfisch
Ich träumte gar einen lieblichen Traum:
Die Sonne gleißte am Waldessaum,
sie küsste die Blumen auf Stirne und Wangen,
die Käfer schwirrten, die Vöglein sangen,
die Rehe streiften durch schattige Büsche,
genossen des Frühlingstags labende Frische.
Ein blinkender Falter, ein lockerer Geselle
voll Übermut, schwang sich im lustigem Spiel
von Blatt zu Blatt, von Stiel zu Stiel,
er stürmte nach einer schmucken Libelle.
Doch wie er auch strebte, die Beute zu haschen -
das Fräulein war flink und entzog sich den Maschen,
der Freier gefiel ihm, gern ließ es sich jagen,
im Scherze bemüht, ihm ein Schnippchen zu schlagen,
heiß stand in den Äuglein das süße Verlangen:
„Es soll nach mir greifen und soll mich auch fangen.“
Der Traum brach hier ab, ich war leider erwacht
und habe mich dann in der Stille der Nacht
geplagt, eine treffende Deutung zu finden,
des Rätsels Lösung alsbald zu ergründen.
Jetzt, da ich sehe, verehrtes Paar,
ist mir die Sache auf einmal klar:
Du: liebe Braut, bist die Libelle,
so glänzend wie sie, gleich einer Gazelle
geneigt und gewandt zum Springen und Hüpfen,
geschickt, um durch alle Maschen zu schlüpfen.
Und du, mein Alter,
du bist der Falter!
Versuch nicht zu leugnen, dein Alibi
uns nachzuweisen gelingt dir nie,
denn neben dir sitzt ja des Kampfes Preis
in Fesseln – erschütternder Tatbeweis!
Du hast deinen Schatz geraubt und geborgen,
nun musst du ihn pflegen und musst dafür sorgen,
dass er herrlich gedeiht, immer heiter bleibt,
dir rät und dir hilft und die Zeit dir vertreibt.
Seid glücklich, gebt keinem Missmut Raum
und melden sich Grillen, um euch zu bedrücken,
so schnallt schnell den Ranzen auf euren Rücken
und sucht den Frieden am Waldessaum.
Liedtke