Der untröstliche Ritter


Durch der Scharfburg hohe Räume
Zieht ein Klagen und ein Trauern,
Eine rabenschwarze Fahne
Wehte von den stolzen Mauern.
Und ein Raunen und ein Flüstern
Wandert scheu von Mund zu Munde;
Heute stahl bei Vollmondscheine
Nächtlich man Frau Kunigunde.
Auf den schnellsten Renner schwang sich
Ritter Theo sonder Zagen,
Und schon sehn ihn seine Treuen
Eiligst in die Ferne jagen.
Tiefe Schluchten, Felsengründe
Übersetzt der kühne Reiter,
Selbst des Wildbachs schäumend Toben
Hält ihn nicht; er stürmet weiter!
Über unwegsame Sümpfe
Und durch wilde Dornenfelder
Bis vor eines Wirtshaus heit’rem
Aushängeschilde, und dort hält er.
„Wirt, vom besten einen Schoppen!“
Schleunigst folgt er dem Befehle,
Auf dass Ritter Theo tröste
Seine tiefbetrübte Seele.
Einen Humpen nach dem andern
Leert der Ritter – leichterklärlich -
Denn für seine Ritterkehle
Fällt ihm dies auch nicht beschwerlich.
Mitternacht ist längst vorüber,
Morgengrau blickt durch die Scheiben,
Ritter Theo aber schmunzelt:
„Diesmal kann ich länger bleiben!“
Denn der dumme Räuber, der so
Rasch verschwand mit meiner Alten,
Wird – ich hätt zwar nichts dagegen -
Sie auf keinen Fall behalten.
Und bevor der Dieb, der freche,
Mir zurückbringt Kunigunden,
Hab‘ ich hier im Wirtshausstübchen
Unterdessen Trost gefunden.