Was ist wirklich wichtig im Leben?


Es glaubt kein Mensch, was der Mensch alles braucht, bis er halbwegs einen Menschen gleichsieht. Merkwürdig: der Mensch, heißt's ist das Meisterstück der Schöpfung, und man muss sich völlig arm Zahlen an Schneidern, dass man das Meisterstück gehörig verstecken kann.
Es ist ein bitteres Gefühl, wenn man oft hungrig ist, dass man vor Durst nicht weiß, wo man die Nacht schlafen soll.
Der Mensch ist ein Säugetier, denn er saugt sehr viel Flüssigkeiten in sich ein, das Männchen Bier und Wein, das Weibchen Kaffee. Der Mensch ist aber auch ein Fisch, denn er tut oft Unglaubliches mit kaltem Blut und hat auch Schuppen, die ihm zwar plötzlich, aber doch gewöhnlich zu spät von den Augen fallen. Der Mensch ist auch ferner ein Wurm, denn er krümmt sich häufig im Staube und kommt auf diese Art sogar vorwärts.
Armut ist ohne Zweifel das Schrecklichste. Mir dürfte einer 10 Millionen herlegen und sagen, ich soll arm sein dafür, ich nehm’s nicht.
Die Nerven von Spinnengeweb‘, d‘ Herzen von Wachs und die Köpferln von Eisen, das ist der Grundriss der Frau.
Die Ehe ist auf jeden Fall ein Trauerspiel, weil der Held auf die Heldin sterben muss, sonst wird’s nicht aus.

Ich hab‘ zwar viele Erwachsene kennengelernt, die der Nachsicht bedürfen, als dass ich gegen die Kinder allzu streng sein könnt‘; den Kindern geschieht ohnedem oft auch Unrecht! Ist das nicht schon Unrecht genug, dass man sie für glücklich hält?! Und sie sind es sowenig wie wir, sie haben in ihren Kinderseelen auch Gemütserregungen; Sehnsucht, die sie mit Täuschungen, Eitelkeit, die sie mit Kränkungen, Phantasiebilder, die sie mit Wauwaubildern quälen - - und dabei haben sie nicht die Stütze der Vernunft, die uns wenigstens zu Gebote steht, wenn wir sie auch nicht gebrauchen. Wir finden ihre Leiden klein, ohne zu bedenken, wie kleinlich wir oft in unseren Leiden sind. Wir finden das kindisch, wenn das Kind sich kränkt über einen herabgefallenen Apfel, und wie viele Erwachsene sind oft in Verzweiflung über ein gefallenes Börsenpapier. Uns kommt das so kindisch vor, wenn ein Kind über einen zerbrochenen Hanswurst weint, und ich hab‘ schon alte Herren g’sehn, die sich über ein verlorenes Madel, das ihnen nicht einmal planmäßig gehörte, die Haar‘ aus’grissen hab’n, vorrausg’setzt, dass s‘ welche g’habt haben.
Wenn der Zufall zwei Wölfe zusammenführt, fühlt gewiss keiner die geringste Beklemmung über das, dass der andere ein Wolf is; aber zwei Menschen können sich nie im Wald begegnen, ohne dass nicht jeder denkt, der Kerl könnt‘ ein Räuber sein.
Wir sollen’s lieber verheimlichen, dass wir zu den Säugetieren gehören. Wir unterscheiden uns wohl durch die Vernunft?  - die is nicht allgemein genug, und wie viele gibt’s, die mit einem g’scheiten Pinscher sich gar nicht messen dürfen? Die Sprach‘ soll uns auch auszeichnen vor dem Tierreich, und mancher zeigt grad‘ durch das, was er red’t, was er für ein Vieh is. – Ich find‘ nur ein Hauptmerkmal der Menschheit, und das ist der Madl. – In der ganzen Naturgeschichte gibt es kein Vieh, was ein’n Madel hat; und wie ist dieser Artikel gegenwärtig, namentlich bei unserm Geschlecht,
herabgekommen. D’rum sag‘ ich: ehret die Frauen, denn da spricht sich erfreulicherweis‘ auch heut‘ noch die Menschheit in wirklich prächtigen und großartigen Formen aus.

Johann Nestroh