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Geschichten vom Gericht
Der Amtsrichter K. in H., ein urgemütlicher, netter Herr, hatte die löbliche Eigenschaft, Vergleiche zwischen den streitenden Parteien schnell herstellen zu können. Im Winter ging das schneller als im Sommer, und zwar durch folgende List.
K. konnte eine mächtige Portion Ofenwärme vertragen, und im Kachelofen seines Zimmers im Amtsgericht wurde immer riesig gefeuert. Am Ofen stand eine Bank, die K. mit Absicht da hatte hinstellen lassen.
Kamen nun streitende Parteien, so fragte K. sie: „Wollen Sie sich nicht vertragen?“ Sagten sie nein, so meinte K.: „Wissen Sie was, überlegen Sie sich die Sache noch eine Viertelstunde. Nehmen Sie, bitte, dort auf der Bank Platz.“ Aus der Viertelstunde wurde eine halbe Stunde. K. schrieb ruhig weiter. Der Schweiß rann in dicken Tropfen den Streitenden vom Kopf. Endlich steht einer auf: „Herr Amtsrichter, Sie haben recht, es ist besser, dass wir uns vertragen.“ Der andere Durchwärmte steht ebenfalls auf und ist derselben Meinung seines geehrten Vorredners; und der Vergleich ist geschlossen. So haben K. und sein Kachelofen viel Gutes gestiftet.
Nur einmal ging die Sache schief, und das kam so. Wieder zwei Streithähne - Vergleich abgelehnt. „Bitte, da auf der Bank Platz zu nehmen, ich habe noch etwas zu schreiben. Überlegen Sie sich unterdes ob nicht ein Vergleich zu machen ist.“
Eine Viertelstunde, eine halbe Stunde vergehen, nichts rührt sich. Nur der eine der Streitenden, der mächtig schwitzt, steht auf und sagt: „Herr Amtsrichter, wenn es Benneke will,“ so hieß der andere Kampfhahn, „so wollen wir uns vertragen.“ – „Nun, Benneke, wie ist‘s?,“ fragte der Amtsrichter. „Ich nicht, Herr Amtsrichter,“ sagte Benneke höhnisch, „ich bin in meinem Rechte. Und das will ich Ihnen nur sagen: mit dem Ofen, das hilft bei mir nicht. Ich kann das vertragen, denn ich bin Heizer in der Eisenfabrik.“ – „Na, dann treten wir in die Verhandlung ein,“ meinte der Amtsrichter K. ärgerlich.