Wüsst ich doch meinen Schatz geborgen,
Tief in des Erde Schoß geborgen,
Wie könnt‘ ich dann ohn‘ alle Sorgen
So ruhig schlafen bis zum Morgen!
So dachte hin und dachte her,
Wie dies wohl anzufangen wär,
Herr Domian, des Dorfes Barbier,
Und quälte sich zu Tode schier.
Da fährt’s ihm plötzlich durch den Sinn:
- Wie ich doch nur so töricht bin! -
Der Nussbaum dort in meinem Garten
Scheint längst auf solchen Dienst zu warten.
Gesagt – getan! – Beim Morgengrauen
Konnt‘ man schon unsern Freund erschauen,
Ein Grüblein graben, nicht sehr enge,
Und zwei bis drei Fuß in der Länge. -
Doch niemals ruhet der Verrat,
Wie dies sich bald erwiesen hat.
Der Nachbar Veit, ein Schelm voll Trug,
Verspätend sich von Kart‘ und Krug,
Erspähet Domians Hantieren,
Denkt, will mir’s zu Gemüte führen.
Er lauscht, - das Herz pocht in der Brust,
Zerspringt ihm fast vor Gier und Lust. -
Als jener nun verschwunden ist,
Schwingt er sich übers Türgerüst. -
Ein kühner Griff, der Fund ist sein, -
Geborgen bald im sichern Schrein. -
„Wie leicht, wie frei ich atmen kann,“
Spricht zu sich selbst Herr Damian,
„Seitdem des Mammons eisern Hemd
Nicht fürder meine Schritte hemmt!
Doch wie! Ist wohl auch jener Ort
Ganz sicher in dem Garten dort?“
So quält und plagt er sich aufs neue
Und fühlt die Bisse bitt’rer Reue.
„Dem lockern Veit ist nicht zu trauen,
Hat manchen übers Ohr gehauen!“
So sinnt und träumt er stundenlang,
Es wird ihm schwül dabei und bang.
Er trippelt hin und trippelt her,
Und seufzt: „Wenn’s doch mal finster wär‘,
Könnt‘ wieder meinen Schatz erheben!
Was liegt mir sonst noch an dem Leben?“
Der Abendstern kommt angezogen
allmählich an dem Himmelsbogen,
Das Zwielicht wandelt sich in Dunkel,
Kein Sternlein spendet sein Gefunkel.
Da schleicht behutsam auf den Zehen,
als müsste er auf Eiern gehen,
Herr Damian zum Nussbaum hin,
Der ihm ein schlechter Hüter schien.
Er tastet hin, er tastet her, - - -
Der Schatz ist fort, das Nest ist leer!
Betäubt eilt er in seine Kammer,
Und überlässt sich stillem Jammer. -
„Doch halt! Warum denn weibisch klagen?
Da gilt’s noch lang nicht zu verzagen!
Sei, Damian, kein dummer Geck,
Hast ja den Kopf am rechten Fleck!
Den Puls will ich dir fühlen, Veit!
So kann’s kein Doktor weit und breit!“
Er brennt voll Gier und voll Verlangen,
Den Dieb in seinem Netz zu fangen.

Am andern Morgen, früh bei Zeit
Klopft’s an der Tür. „Herein!“ ruft Veit.
„Gott grüß Euch, Nachbar, wackrer Mann,
Bei dem man Rat sich holen kann“.
Spricht Damian, sich höflich neigend,
Und ernst in seiner Miene zeigend.
„Ich habe mir seit vielen Jahren
Mit Arbeit, Müh‘ und saurem Sparen
Erübrigt manchen harten Taler.
Ihr wisst, ich bin kein eitler Prahler.
Da denk‘ ich mir, die Zeit ist schlecht,
Man respektiert nicht mehr das Recht,
Und nehme einen Ledersack,
In den ich meine Taler pack‘.
Doch hab‘ ich als ein kluger Mann
Die Hälfte nur hineingetan,
Und dann an einem Ort versteckt,
Wo man ihn nicht so leicht entdeckt.
Und nun, sagt mir, was meint Ihr wohl,
Wo ich die andere bergen soll?“
„Ei, unbedingt zur ersten legen,“
Spricht schmunzelnd Veit und nicht verlegen,
„Da doch, wie Ihr ja weislich meint,
Der Ort Euch völlig sicher scheint.“ -
„Viel Dank, viel Dank!“ – spricht Damian,
„Nun lebet wohl mein lieber Mann!
Mög’s immerdar Euch wohlergehen,
Und auf ein baldig Wiedersehen!“

„Hans Damian, du dummer Tropf!
Wo hattest du doch deinen Kopf?“
Rief Veit, rieb sich vergnügt die Hände, -
„O dass ich glücklich es vollende!
Jetzt schnell zum Vetter Gerber,
Und dann zum Nachbar Färber,
Damit, was schon verjubelt ist,
Sie leihen mir auf kurze Frist.
Der Schritt gelingt. Jetzt wird er mein
Der ganze Schatz, so blank und rein!“
Und eiligst in der ersten Nacht
hat er den Sack zurückgebracht.
Doch schon in grauen Morgenstunden
Hat Damian sich eingefunden,
Nimmt zitternd seinen Sack voll Lust
Und drückt ihn brünstig an die Brust,
Und preist sich glücklich ob der List,
Die ihm so fein gelungen ist.
Desselben Tags zur Vesperzeit
Steht, grimmig blickend Nachbar Veit,
In seines Hauses schmaler Pforte,
Grüßt niemand nur mit einem Worte.
Da sieht er plötzlich schelmisch winken, -
Er möchte in den Boden sinken, -
Den ihm verhassten Damian,
Der ruft, so laut er rufen kann:
„Habt nochmals Dank für Euern Rat,
Der mir so gut bekommen hat!
Doch hab‘ ich anders mich besonnen,
Dacht‘ längst an Obligationen,
Und nahm mir gestern Dokumente
Mit einer sichern Lebensrente.“
Verblüfft lässt er den Nachbarn stehen,
Denn solches war noch nicht geschehen. -